Artikel aus der AHGZ vom 24.01.2023

Corona Schulden lasten auf der Hotellerie

Die Hotellerie hat auch nach dem Ende der Corona-Einschränkungen noch große finanzielle Belastungen aus der Pandemie-Zeit zu schultern. Die Unternehmensberater von hahn consultants und der Schollen Hotelberatung ziehen ein Resümee der bisherigen Entwicklung und sagen, was das für das laufende Jahr bedeutet.

Die Nachfrage nach Hotelübernachtungen ist seit dem Abflauen der Pandemie und dem Ende coronabedingter Einschränkungen für Reisende kräftig angestiegen und zum Teil schon wieder auf dem Niveau vor der Krise. Doch die lange Krisenzeit hat den Unternehmen der Hospitality-Branche finanziell viel abverlangt. Etliche müssen nun daran gehen, aufgenommene Schuldenabzubauen, obwohl die aktuelle Lage mit steigenden Kosten neue Herausforderungen aufbietet.

Von der Finanzkrise 2008/2009 bis zum Jahr 2019 ist der Beherbergungsmarkt in Deutschland dynamisch gewachsen. Die Zahl der Übernachtungen im klassischen Beherbergungsgewerbe ist in diesem Zeitraum um rund 40 Prozent gestiegen, die Zahl der angebotenen Betten lediglich um rund 12 Prozent. Budget- und Economy- sowie Limited-Service-Konzepte mit überdurchschnittlich profitablen Geschäftsmodellen, das niedrige Zinsniveau, der konjunkturelle Aufschwung und eine Veränderung des globalen Reiseverhaltens befeuerten bis Ende 2019 den positiven Trend der Branche und somit die dynamische Entwicklung neuer Hotelprojekte.

Mit den Terroranschlägen am 11. September 2001, dem Irakkrieg 2002, der Infektionskrankheit SARS im Jahr 2003 und der Finanzkrise 2007/08 musste die Hotellerie bereits einige harte Krisen überstehen. Am 12.03.2020 erklärte die WHO den Covid-19-Ausbruch zur globalen Pandemie, was den Beginn einer bisher beispiellosen Krise darstellte, mit vorher nicht gekannten politischen Maßnahmen wie Beherbergungsverboten und dem faktischen Erliegen des internationalen Reiseverkehrs. Dies hat zu immer noch anhaltenden, erheblichen wirtschaftlichen Schäden in der Hotellerie- und Gastronomie geführt.

Als sich das Corona-Geschehen zu Beginn des Jahres 2022 immer weiter „normalisierte“, startete am 24. Februar unerwartet der Angriffskrieg auf die Ukraine und führte zu einer geopolitischen Zeitenwende. Explodierende Energiepreise, steigende Inflationsraten und drohende Energieknappheit mit Blackout-Szenarien führen zu branchenübergreifenden, anhaltenden Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung. Diese Kumulation mehrerer unterschiedlicher Krisenherde, gepaart mit stark gestiegenen Löhnen und einer herausfordernden Personalsituation, stellt für die Hotellerie- und Gastronomie alles bisher da gewesene in den Schatten und kann in Summe aller negativen Begleitumstände als die größte Krise der Nachkriegszeitbezeichnet werden.

Ein Lichtblick ist der aktuell zu verzeichnende Aufschwung der wichtigsten Kennzahlen, die teilweise sogar über dem jeweiligen Referenzzeitraum von 2019 liegen. Nachdem sich die Ferienhotellerie von den ersten Lockdowns früher erholen konnte als die Stadthotellerie, kann jetzt auch in den Großstädten eine Erholung des Marktes beobachtet werden. Allerdings sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Hotelbranche im Vergleich zu 2019 deutlich herausfordernder und die Unwägbarkeiten größer geworden.

Finanzhilfen als Lösung oder temporäre Erleichterung?

Hotelbetreiber mussten die Phase zwischen März und Oktober 2020 durch Neuverschuldung, zur Deckung des infolge der verzögerten Überwindung der Pandemie aus operativen Verlusten entstandenen, zusätzlichen Kapitalbedarfs, finanzieren. In sehr vielen Fällen wurde hier der KfW-Unternehmerkredit aus dem KfW Corona-Sonderprogramm 2020 als Finanzierungsinstrument in Anspruch genommen. Nach einem programmimmanenten, tilgungsfreien Jahr setzte die Tilgung des KfW-Unternehmerkredites im Laufe des Jahres 2021 bei gleichzeitig noch andauernder Pandemie ein.

Umsatzausfälle in den Monaten November und Dezember 2020, als Folge des zweiten Lockdowns, wurden durch ein staatliches Hilfsprogramm mit Zuschüssen zur Deckung des entstandenen Schadens ohne beihilferechtlichen EU-Deckel und damit für jede Unternehmensgröße, vollständig durch die öffentliche Hand übernommen.

Verschuldung der Unternehmen ist gestiegen

Wirtschaftliche Schäden, die Betreibern im folgenden Jahr 2021 durch weitere behördlich angeordnete Schließungen und Einschränkungen des Geschäftsbetriebes entstanden sind, wurden durch Zuschüsse aus den sogenannten Überbrückungshilfen erstattet, wobei in diesem Fall die durch bestehende EU-Vorgaben gegebene Deckelung des Förderhöchstbetrages für Unternehmen in Höhe von 54,5 Mio. Euro im Gesamtjahr 2021 und einer Förderhöchstgrenze in Höhe von 10 Mio. Euro je Fördermonat bei großen Hotelgruppen zu weiteren, notwendigen Verschuldungen geführt hat. Die durch Höchstgrenzen beschränkten staatlichen Hilfen haben bei den größeren Hotelgesellschaften 2021 schlichtweg nicht ausgereicht, um die in Folge der behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie entstandenen Schäden auszugleichen.

Die verbliebenen Finanzierungslücken waren dann durch zusätzliche Finanzierungsmaßnahmen, wie beispielsweise die Aufnahme von weiteren Darlehen oder durch Tilgungsaussetzungen bei bestehenden Darlehen, zu schließen. Diese notwendigen weiteren Verlustfinanzierungen 2021/2022 erfolgten vor dem Hintergrund der bereits wirtschaftlich deutlichgeschwächten Situation durch die in dieser Phase der Pandemie noch verfügbaren verbliebenen öffentlichen Förderprogramme. Insbesondere die Inanspruchnahme von Landes- und Bundesbürgschaften zur Besicherung von Bankkrediten sowie teilweise die Beantragung von Mitteln aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) wurden in diesem Zusammenhang als Maßnahmen zur Existenzsicherung gewählt. Hotelgesellschaften, die auf die zuvor genannten Finanzierungsinstrumente zurückgreifen mussten, starteten vor diesem Hintergrund im Sommer 2022 mit ganz erheblichen Verschuldungsgraden und nach wie vor hohen Unsicherheiten bezüglich der kurz- bis mittelfristigen Marktentwicklung in die weitere Unternehmenszukunft.

Herausforderungen 2023

Die aktuellen Herausforderungen, wie beispielsweise die erheblichen Kostensteigerungen, erfordern ein zeitnahes Monitoring der, unter Berücksichtigung der Effekte der bestehenden Krisen, zu erwartenden weiteren Entwicklung der wirtschaftlichen Situation und somit einen stetigen Abgleich mit bestehenden Planungsrechnungen mit Blick auf die Durchfinanzierung der unternehmerischen Einheit. Zudem müssen Unternehmen auf die zukünftigen Herausforderungen vorbereitet sein, die sich aus der zu erwartende Rückführung der gewährten Finanzierungsbausteine (KfW-Kredite, neue öffentlich verbürgte Kredite, Mittel des Wirtschaftsstabilisierungsfonds oder einfache neue Bankkredite) ergeben. Hinzu kommen aktuell weitere exogene Störgrößen für die weitere Unternehmensentwicklung: Sowohl die Auswirkungen einer hohen Inflation als auch die Entwicklung an den Energiemärkten sind im Rahmen der notwendigen Analyse der Ausgangssituation zu antizipieren.

Sowohl für die kurzfristige Überwindung der derzeitigen unternehmerischen Herausforderungen als auch für den langfristigen unternehmerischen Erfolg ist die Etablierung eines systematischen Unternehmensentwicklungsprozesses wesentlich. Für eine erfolgreiche Marktpositionierung ist es elementar, den Wandel bzw. die Treiber des Wandels im Markt- und Wettbewerbsumfeld zu verstehen und die hieraus resultierenden unternehmensspezifischen Chancen zu identifizieren. In einem ersten Schritt gilt es daher, im Rahmen einer

Bestandsanalyse des relevanten Marktes, sich Transparenz hinsichtlich der wesentlichen Treiber des Markt- und Geschäftsumfelds und damit auch des Wandels im Hotelmarkt zu verschaffen. Durch einen Abgleich der bereits im Unternehmen vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen mit den aktuellen und insbesondere zukünftigen Markt- und Wettbewerbsanforderungen wird der Ausgangspunkt für die Entwicklung strategischer Handlungsalternativen in Form einer Weiterentwicklung der bestehenden Unternehmensstrategie oder deren grundlegender Neudefinition geschaffen.

In Abhängigkeit von der entwickelten Marktkonzeption erfolgt die Analyse der leistungswirtschaftlichen Prozesse als Grundlage für die Gestaltung effizienter Leistungserstellungsstrukturen und hieraus abgeleiteter investiver und organisatorischer Maßnahmen. Abschließend erfolgt die Überprüfung der formulierten konzeptionellen Maßnahmen auf ihre Wirtschaftlichkeit durch Integration in eine mittelfristige Ertrags-, Liquiditäts- und Bilanzplanung. Hierbei erfolgt ein Abgleich der aus der geplanten Maßnahmenumsetzung erwartungsgemäß gesteigerten Ertragskraft mit der Finanzierbarkeit notwendiger Investitionen im Rahmen der Maßnahmenumsetzung über ein geeignetes Finanzierungskonzept.

Autoren:
Unternehmensberater Hahn consult / Schollen Hotelberatung